Psychische Beeinträchtigungen

Die weltweite Häufigkeit psychischer Belastungen steigt seit Jahren. Etwa jede dritte Person in Deutschland hat eine psychische Beeinträchtigung. Diese Erkrankungen sind vielfältig in ihrer Art, Ausprägung, Verlauf und Dauer. Zu den häufigsten psychischen Beeinträchtigungen in Deutschland zählen Angststörungen, Depression und Abhängigkeit. Aber was sind psychische Beeinträchtigungen? Diese Seite beantwortet diese und weitere Fragen.

Quelle:DGPPN, DGPPN-Faktorenblatt: Aktuelle Zahlen und Fakten der Psychiatrie und Psychotherapie, 2023; Mätschke et al., Psychisch krank im Job, 2019

Allgemeines zu psychischen Beeinträchtigungen

Der Begriff „Psychische Beeinträchtigung" wird oft im Alltag verwendet. Trotzdem ist es nicht immer klar, was genau damit gemeint ist. Es gibt verschiedene Arten von psychischen Beeinträchtigungen. Die Arten unterscheiden sich durch bestimmte Symptome voneinander. Sie verursachen Leid oder Beeinträchtigungen der Funktionen der betroffenen Person.

Psychische Beeinträchtigungen können verschiedene Bereiche beeinflussen, wie

  • die Wahrnehmung,
  • das Denken,
  • das Fühlen und
  • die sozialen Beziehungen der betroffenen Personen.

Psychische Beeinträchtigungen sollte man immer im Zusammenhang mit der jeweiligen Kultur, Gesellschaft und Wissenschaft betrachten. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse könnten dazu führen, dass man neue Arten von psychischen Beeinträchtigungen erkennt. Fachleute wie Psycholog*innen, Psychotherapeut*innen  oder Psychiater*innen stellen die Diagnose für psychische Beeinträchtigungen.

Jeder Mensch ist einzigartig und geht unterschiedlich mit schwierigen Lebenssituationen um. Die Art und Weise, wie Menschen auf Ereignisse reagieren, hängt von ihrer Wahrnehmung, Bewertung und Verarbeitung ab. Das kann Auswirkungen auf den Alltag, die Schule oder die Arbeit haben. Menschen bewältigen Ereignisse individuell und psychische Beeinträchtigungen können Schwierigkeiten bei der Bewältigung des täglichen Lebens, der Arbeit oder der Schule verursachen.

Quelle: Mätschke et al., Psychisch krank im Job, 2019; Hoyer & Knappe, Klinische Psychologie und Psychotherapie, 2020.

Es gibt verschiedene Arten von psychischen Beeinträchtigungen, die anhand unterschiedlicher Diagnosegruppen unterschieden werden können. Ein bekanntes Verzeichnis zur Diagnose von Krankheiten ist die regelmäßig aktualisierte „ICD" (Internationale Klassifikation der Krankheiten).

Quelle: WHO, ICD-11 for Mortality and Morbidity Statistics, 2019.

Psychische Beeinträchtigungen zeigen sich im Alltag bei jeder Person anders. Zum einen verursachen verschiedene Beeinträchtigungen, wie eine depressive Episode oder eine Panikstörung, generell unterschiedliche Symptome. Zum anderen können Menschen mit derselben psychischen Beeinträchtigung unterschiedliche persönliche Symptome haben.

Ein Beispiel erklärt dies am Besten: Peter und Marie haben beide von Fachleuten eine depressive Störung diagnostiziert bekommen. Bei Peter äußert sich dies seit über zwei Wochen vor allem durch Interessensverlust, Schwierigkeiten bei der Konzentration und verlangsamte Entscheidungsfindung. Er ist ständig müde und fühlt sich hoffnungslos. Marie hingegen hat seit zwei Wochen eine gedrückte, depressive Stimmung, keinen Appetit, wiederkehrende Ängste und Unruhe. Auch sie hat Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und Entscheidungen zu treffen. Die Symptome der beiden sind unterschiedlich. Das liegt daran, dass verschiedene Symptome in der Regel auf die Beeinträchtigung hinweisen. Die Diagnose stellen Experet*innen durch das Vorhandensein einer bestimmten Anzahl von Symptomen, die oft über einen bestimmten Zeitraum bestehen müssen.

Im Gegensatz zu körperlichen Beeinträchtigungen sind psychische Beeinträchtigungen für Außenstehende in der Regel nicht sofort sichtbar. Sie zeigen sich oft erst indirekt durch bestimmte Symptome. Das bedeutet jedoch nicht, dass psychische Beeinträchtigungen weniger wichtig sind als physische Beeinträchtigungen.

Quelle: BKK, 2022; psyGa, o. J.

Jede Person kann im Laufe ihres Lebens von einer psychischen Beeinträchtigung betroffen sein. Es ist schwierig, die genaue Anzahl der betroffenen Menschen zu bestimmen. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa jede dritte Person im Laufe ihres Lebens mindestens einmal von einer psychischen Beeinträchtigung betroffen ist.

Weltweit und auch in Deutschland nimmt die Zahl der psychischen Beeinträchtigungen seit Jahren zu. Ungefähr 28 Prozent der Erwachsenen in Deutschland sind von einer psychischen Beeinträchtigung betroffen.

Die häufigsten psychischen Beeinträchtigungen in Deutschland sind:

Quelle: seelischegesundheit.net, 2023; Mätschke et al., Psychisch Krank im Job, 2019; Hoyer & Knappe, Klinische Psychologie und Psychotherapie, 2020; Bundesministerium für Gesundheit, 2023; statista, 2022; DGPPN, 2023.

Der Verlauf einer psychischen Beeinträchtigung hängt von der jeweiligen Art der Beeinträchtigung ab. Es gibt auch Unterschiede zwischen Personen, die dieselbe Beeinträchtigung haben.

Um das zu verdeutlichen ein Beispiel: Wenn jemand einen Knochenbruch hat, kann der Heilungsprozess je nach Art des Bruchs unterschiedlich verlaufen. Die Zeit zur Behandlung eines Beinbruchs kann zum Beispiel von der eines Zehenbruchs abweichen. Auch kann ein Armbruch bei einer Person schneller verheilen als bei einer anderen Person. Die Wirksamkeit der Methoden zur Behandlung kann sich auch zwischen den Personen unterscheiden. Ähnlich ist es bei psychischen Beeinträchtigungen.

Grundsätzlich gilt: Je früher Hilfe im Umgang mit einer Beeinträchtigung gesucht oder gegeben wird, desto besser ist die Heilung. Tipps zur Suche nach Unterstützung finden Sie auf der Seite „Therapieplatzsuche“.

 

Die Ursachen von psychischen Beeinträchtigungen sind sehr vielfältig. Im Allgemeinen entstehen psychische Beeinträchtigungen durch das Zusammenwirken von psychischen, biologischen und sozialen Faktoren:

  • Psychische Faktoren können zum Beispiel Denken oder Fühlen (wie Angst) sein.
  • Biologische Faktoren sind zum Beispiel Gene oder Krankheitserreger, die eine Infektion hervorrufen können.
  • Soziale Faktoren sind zum Beispiel gute familiäre Beziehungen oder die ethnische Zugehörigkeit sein.

Die Kombination dieser Faktoren ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Das Zusammenspiel beeinflusst jeden Einzelnen auf individuelle Weise. Die Umwelt ist ein weiterer Einflussfaktor. Der Arbeitsplatz gilt auch als Umweltfaktor. So kann der Arbeitskontext die Ursache für die Entwicklung eines Burnouts sein (ICD-11). Wenn man zu viel arbeitet und wenig Freizeit hat, kann das ein Risikofaktor für die Entwicklung von psychischen Belastungen, insbesondere für Burnout, sein.

Quelle: Mätschke et al., Psychisch Krank im Job, 2019; Scheibenbogen et al., 2017; Purkathof, 2021.

In den letzten Jahren hat die Anzahl der Krankheitstage aufgrund von psychischen Beeinträchtigungen zugenommen. Psychische Beeinträchtigungen führen oft zu langen Krankmeldungen, im Durchschnitt etwa 43 Tage. Der Verlauf von psychischen Beeinträchtigungen ist trotzdem sehr individuell ist und sollte nicht verallgemeinert werden.

Aufgrund der potenziell langen Dauer von psychischen Beeinträchtigungen und der damit verbundenen Arbeitsausfälle ist die Vorbeugung im Arbeitsumfeld besonders wichtig. Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen zeigen oft Warnsignale im Arbeitsalltag. Ein gegenseitiges Bewusstsein und offene Gespräche tragen zu einer gesunden Arbeitsatmosphäre bei. Dies kann dazu beitragen, psychische Beeinträchtigungen frühzeitig zu erkennen oder zu verhindern.

Warnsignale sollten beachtet werden. Bestehen folgende Anzeichen?

  • Sehr verändertes Verhalten
  • Leichte Reizbarkeit
  • Mehr Konflikte mit Kolleg*innen
  • Konzentrationsschwierigkeiten oder Vergesslichkeit
  • Deutlich verringerte Leistung
  • Erhöhte Abwesenheits- und Krankheitstage

Wenn diese Anzeichen über mehrere Wochen bestehen, kann ein vertrauensvolles Gespräch helfen.

Quelle: BKK, 2022; psyGa, o.J.; statista, 2023.

Wenn Sie vermuten, dass ein*e Kolleg*in von einer psychischen Beeinträchtigung betroffen ist, ist es ratsam, ein einfühlsames Gespräch mit der Person zu suchen.

Hier sind einige Tipps für vertrauensvolle Gespräche:

  • Wählen Sie einen ruhigen Moment und einen angenehmen Raum.
  • Stellen Sie sicher, dass die betroffene Person mit der Situation einverstanden ist.
  • Sprechen Sie die Person alleine an, damit Sie ungestört reden können.
  • Beginnen Sie das Gespräch, indem Sie fragen, wie es ihr geht.

Falls die Person gerade nicht sprechen möchte:

  • Geben Sie ihr Raum und akzeptieren Sie, wenn sie sich nicht öffnen möchte.
  • Setzen Sie die Person nicht unter Druck.
  • Signalisieren Sie, dass Sie zu einem späteren Zeitpunkt für ein Gespräch offen sind.

Betroffenen geht es besser, wenn sie von Kolleg*innen und Freund*innen unterstützt werden. Zeigen Sie, dass die betroffene Person nicht alleine ist. Konkrete Hilfen, wie das Erledigen kleiner Aufgaben, können ebenfalls nützlich sein.

Führungskräfte sollten psychischen Beeinträchtigungen ihrer Mitarbeiter*innen mit Verständnis und Wertschätzung begegnen. Ein vertrauliches Gespräch kann bereits eine große Unterstützung sein. Gemeinsam können Sie nach weiteren Unterstützungs- und Hilfsangeboten suchen, wie Beratungsstellen oder interne Sozialberatung. Eine Übersicht externer Hilfsangebote finden sich HIER.

Je nach Position im Unternehmen können Sie betroffene Personen unterstützen, indem Sie allgemeine Maßnahmen für einen sicheren Arbeitsplatz sicherstellen. Dazu gehört beispielsweise die Reduzierung von Lärm. In Organisationen kann es auch hilfreich sein, Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen, um allen Beschäftigten die Möglichkeit zur Entspannung und zum „Abschalten" zu geben.

Quelle: Mätschke et al., Psychisch krank im Job, 2019; Scheibenbogen et al., 2017; Schulz-Dadaczynski, 2013.

Ein erster Schritt kann darin bestehen, sich selbst mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Dies gelingt, indem man sich regelmäßig Zeit für sich nimmt. Wenn man bei sich selbst eine veränderte Einstellung oder Verhalten bemerkt, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Stress und Belastungen können sich negativ auf unsere mentale und körperliche Gesundheit auswirken. Ähnlich wie bei einer sich ankündigenden Erkältung ist es wichtig, frühzeitig aktiv zu werden und bei Bedarf Hilfe zu suchen.

Informationen zu den Beeinträchtigungen Depression, Angst, Abhängigkeit und Burnout finden Sie auf der BEMpsy-Plattform. Selbsttests können Hinweise auf mögliche Beeinträchtigungen geben und sind in der Rubrik Selbsttests.

Wenn Sie sich über andere psychische Beeinträchtigungen informieren möchten, bietet das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit weitere Informationen unter dem Link.

Es ist auch wichtig, sich Vertrauenspersonen und professionelle Hilfe zu suchen. Vertrauenspersonen können beispielsweise enge Freund*innen oder Kolleg*innen sowie Interessensvertretungen in der eigenen Organisation sein. Tipps zur Suche nach einem Therapieplatz finden Sie hier.

 

Beschäftigte entscheiden selbst, welche gesundheitlichen Angelegenheiten sie am Arbeitsplatz besprechen möchten. In einer Kultur, die von Offenheit und Vertrauen geprägt ist, sind Beschäftigte eher bereit, über diese sehr persönlichen Themen zu sprechen. Dann können auch die Arbeitsbedingungen angepasst und individuelle Situationen verbessert werden.

In Organisationen können folgende Ansprechpersonen Unterstützung bieten:

Ja. Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) hat das Ziel Ihre Gesundheit zu fördern und Ihren Arbeitsplatz zu erhalten. Wenn Sie länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt innerhalb eines Jahres arbeitsunfähig waren, sollte der Betrieb Sie zu einem BEM einladen. Informationen zum BEM finden Sie hier. Im Rahmen des BEM muss der Datenschutz gewährleistet sein und es herrscht Vertraulichkeit.

Weitere Informationen sowie einen kostenfreien Selbst-Test als Entscheidungshilfe finden Sie unter www.sag-ichs.de